Fallen Mitarbeitende aufgrund von Krankheit oder Unfällen aus, muss ein Projekt wegen Schlechtwetter verschoben und schliesslich in deutlich kürzerer Zeit als zuerst veranschlagt fertiggestellt werden oder reduziert sich die geplante Zeitdauer, weil bereits vorher tätige Gewerke Verzögerungen mit sich bringen – dann sind sie die wahrscheinlich am häufigsten gewählte Lösung: Temporärbeschäftigte. Aktuellen Studien zufolge wird Temporärarbeit vonseiten der Arbeitgeber vor allem für die Überbrückung von Kapazitätsengpässen und die Vertretung von abwesendem Personal gebraucht. So geben branchenübergreifend 82 Prozent der Firmen an, Temporärarbeit „zur Deckung des kurzfristigen Personalbedarfs“ einzusetzen. Temporärarbeit charakterisiert sich dabei dadurch, dass an diesem Beschäftigungsverhältnis drei Akteure beteiligt sind: Die Arbeitnehmenden sind bei einem Temporärbüro angestellt, welches sie für einzelne Einsätze oder Projekte an die entsprechende externe Firma vermittelt. Dort arbeiten sie temporär, also für einen begrenzten Zeitraum – und können dadurch Arbeitsspitzen abdecken.
Der Einsatz von Temporärarbeit hat in der Schweiz in den letzten Jahren massiv zugenommen. Seit den frühen 90er Jahren hat sich ihr Anteil am Arbeitsvolumen mehr als verfünffacht und die absolute Zahl temporär Angestellter ist noch stärker gestiegen. Dabei nimmt die Baubranche eine zentrale Rolle ein: Hier arbeiten im Vergleich zu den Gesamtbeschäftigten der Baubranche sowie im Vergleich zu anderen Branchen besonders viele Temporäre. So sind circa 24 Prozent aller Temporärangestellten in der Bauwirtschaft tätig, ca. 12 Prozent im Bauhaupt- und 12 Prozent im Baunebengewerbe, wohingegen nur rund sieben Prozent aller Erwerbstätigen in der Bauwirtschaft arbeiten. Insgesamt sind im Baunebengewerbe ca. 5,1 Prozent temporär angestellt, im Bauhauptgewerbe sind es ca. 10 Prozent. In den Monaten mit Hochsaison kann der Temporäranteil in letzterem sogar bis zu 20 Prozent betragen.
Die Vorteile des Einsatzes temporär Angestellter liegen auf der Hand: Mitarbeiter*innen sind je nach Bedarf schnell und flexibel verfügbar, die Anstellungsdauer ist zeitlich begrenzt und somit auftrags- und projektbezogen möglich und die Kündigungsfristen in den ersten drei Monaten sind sehr kurz. So lässt sich durch Temporäre eine starke Flexibilisierung in Bezug auf Personal und Arbeitszeit erreichen, die vor allem zur Abfederung schwankender Auftragslagen und zur Bewältigung immer wieder auftretende Arbeitsspitzen hilfreich ist.
Demgegenüber steht die Frage, wie vor allem nur kurz im Unternehmen verweilende Temporärbeschäftigte am besten in bestehende Arbeitsstrukturen und -aufgaben eingearbeitet werden können und inwiefern ihre Arbeit qualitativ mit der Festangestellter vergleichbar ist. Aufgrund der weniger vorhandenen Erfahrungswerte – vor allem die Abläufe im jeweiligen Einsatzbetrieb betreffend – sowie der geringeren Bindung an das Unternehmen, wird die Qualität der Arbeit oftmals eher negativer eingeschätzt. Ein weiterer Aspekt, der negativ mit Temporärarbeit im Zusammenhang steht, ist das erhöhte Unfallrisiko Temporärarbeitender verglichen mit Festangestellten. Ursachen dafür sind die nur kurze Einsatzdauer und der häufige Wechsel der Einsatzbetriebe, sodass Temporäre mit den Arbeitsabläufen in den Einsatzbetrieben weniger vertraut sind. Zum Vergleich geschehen auch bei Festangestellten Unfälle häufiger bei Stellenantritt. Auch der Umstand, dass Temporärarbeit häufiger von jungen Mitarbeiter*innen geleistet wird – über ein Viertel der Temporärarbeitenden ist jünger als 26 Jahre – trägt zu einem erhöhten Unfallrisiko bei, da junge Arbeitnehmer*innen generell ein höheres Unfallrisiko haben. Ausgiebigere Einführungen und verstärkte Instruktionen seitens des Einsatzbetriebs können dieses Risiko minimieren.
Die Beschäftigung von Temporären über einen Personalverleiher, also ein Temporärbüro als Bindeglied zwischen Unternehmen und temporären Mitarbeitenden, bietet den Vorteil, administrative Aufwände und mögliche Unannehmlichkeiten zu verringern. So ist der Verleiher für die Verleihbewilligung verantwortlich und beschäftigt sich mit allen rechtlichen Fragen den Temporäreinsatz betreffend. Darüber hinaus unterstehen Mitarbeitende, die über einen Personalverleiher angestellt werden, dem Gesamtarbeitsvertrag (GAV) für Personalverleih und dem Arbeitsvermittlungsgesetz (AVG), welche Lohn- und Arbeitszeitbestimmungen einheitlich festlegen.
Zusammengefasst bietet der Einsatz Temporärbeschäftigter somit eine Möglichkeit, saisonale Schwankungen, kurzfristige Arbeitsausfälle oder immer wieder vorkommende Arbeitsspitzen auszugleichen. Auch hier gilt jedoch: Je früher man um Engpässe und den Bedarf temporärer Mitarbeitender weiss, desto eher lässt sich Einfluss auf Qualifikationen und Preisgestaltung nehmen. So erlaubt eine längerfristige Vorplanung besser, ein*e Mitarbeiter*in mit entsprechender Qualifikation zu finden. Ausserdem ist es durch einen längeren Zeithorizont möglich, Angebote bei unterschiedlichen Personalverleihern einzuholen, Preise zu vergleichen und so letztendlich Kosten zu sparen.
Im letzten Artikel haben wir uns damit beschäftigt, inwiefern schwankende Auslastungen in der Baubranche Thema und Herausforderung für die Kapazitätsplanung und die Organisation der Bautätigkeit darstellen. Vor allem Schlechtwetter, Krankheit oder Verzögerungen im Baubetrieb stellen demnach Gründe da, die speziell in der Baubranche ursächlich für Kapazitätsschwankungen sind. In den folgenden Artikeln soll es nun darum gehen, welche Möglichkeiten bestehen, schwankende Kapazitäten auszugleichen und so eine termingerechte Fertigstellung der Bauprojekte zu gewährleisten.