Beim Betreten von Frau Stalders Wohnung fallen innerhalb der verschiedensten Kunstwerke, die Wohn-, Esszimmer, Küche und Flur schmücken, als erstes die bunt in der Sonne glänzenden Mobiles auf. Darüber kommen wir direkt ins Gespräch und sie erklärt: «Die Mobiles sind aus Acrylglas, die Arbeit damit ist sehr anstrengend. Es gibt Blöcke von zwei mal drei Metern, die man aussuchen, die Form schneiden und schliesslich abschleifen muss. Mein grösstes Objekt aus Acrylglas ist in der Allerheilgenkirche in Basel. Es ist fünf Meter hoch und besteht aus zwölf Fäden. Ein Mobile, das die Thermik aufnimmt und sich drehen kann.» Sie erzählt, dass es in der Kirche ein Symbol für Ostern ist und ergänzt: «Ich finde es ein würdiges Symbol für Ostern und für Leben. Es bewegt sich aus sich selber und dreht sich, spiegelt, glänzt, wie das Leben selber.»
Auf die Frage nach ihrem beruflichen Weg in den Kunstbereich berichtet sie: «Als erste Berufsausbildung habe ich Primarlehrerin gemacht. Der Zeichenlehrer im Lehrerseminar sagte, ich solle nach dem Abschluss an die Kunstgewerbeschule Zürich. Während ich schon als Lehrerin angestellt war, bin ich von dort aus zwei oder drei Mal in der Woche an die Kunstgewerbeschule und habe die Ausbildung parallel dazu gemacht.» Weiter erzählt sie von dem Moment als sie sich entschied, Kunst wirklich als Beruf auszuüben und es ernsthaft zu verfolgen. «Mit 27 habe ich geheiratet und dann war das erste Mal eine Ausstellung für junge Kunstschaffende in Sissach. Da habe ich mitgemacht. Wir standen alle draussen vor der Vernissage und haben gewartet, niemand hat gewusst, dass ich male. Und dann waren meine Bilder schliesslich im schönsten Raum. Daraufhin hat die Kantonalbank zwei Bilder von mir gekauft und das hat mich sehr beeindruckt. Dann dachte ich: Wenn das so ist, dann muss ich das ernst nehmen und muss mehr arbeiten. Und dann habe ich angefangen richtig zu arbeiten, nicht nur nebenher. Das war der Start, nach dem ich es durch mein Leben hindurch als Beruf aufgefasst habe.»
Schliesslich kommen wir auf die Weihnachtskarte zu sprechen, über dessen Hintergrund Frau Stalder erzählt: «Ich bin eingeladen worden von dem Galeristen, der diese Ausstellung gemacht hat. Er ist in die Provence und hat sieben Wochen ein kleines Haus gemietet. Ich habe lange gebraucht, um ja zu sagen, aber habe mich letztendlich dafür entschieden. Der Galerist hat dort jeden Tag einen Ausflug mit mir gemacht, um mir die Provence zu zeigen. Er ist mit mir auf den Montagne de Lure, von dort habe ich dann gegen die südlichen Alpen gezeichnet.» Über die Werke der Ausstellung berichtet sie: «Ich habe dort natürlich ein wenig gezeichnet. Diese Ausstellung sind nur Arbeiten, die in einem knappen Jahr entstanden sind aus den Zeichnungen aus der Provence. Das habe ich noch nie gemacht, eine Ausstellung von so knapper Zeit. Ich habe am Morgen, am Nachmittag und nach dem Nachtessen gearbeitet. In dieser Ausstellung waren 21 Ölbilder. Das ist viel für mich, weil ich lange daran arbeite. Und 17 Bilder aus Papier waren ausgestellt, gemacht habe ich noch mehr. Alles über die Provence.»
Bei diesem Stichwort wechseln wir nach oben in ihr Atelier, das direkt über der Wohnung liegt, sodass sie mir ihre Werke zeigen kann. Es ist ein geräumiger Dachraum, in dem farbenfrohe Bilder, verschiedenste Materialien und Bleistiftskizzen als bunte Mischung beieinanderliegen. Auf die Frage, mit welcher Art von Farbe die sich vor mir befindlichen Werke gezeichnet sind, erklärt Frau Stalder: «Das ist Ölfarbe, und zwar die alte Ölfarbe, nicht Acryl. Acryl ist in einer viertel Stunde trocken und dann ist keine Veränderung mehr möglich, das müsste ich übermalen. Aber Ölfarbe kann man mit Terpentin wieder abwaschen und Bilder noch verändern.» Über den Erstellungsprozess ihrer Arbeiten erzählt sie: «Zuerst mache ich Skizzen, dann liegen viele Zeichnungen dazwischen bis zum letztendlichen Bild» und sie zeigt mir den Berg an Zeichnungsskizzen. «Ausserdem ist es so, dass ich jeden Tag weiterarbeite. Es ist nicht ein neues Anfangen am nächsten Tag. Und manchmal bin ich sehr gespannt, wie ich es finden werde, wenn ich am Abend noch etwas gemacht habe und am nächsten Morgen mit den neuen Augen daraufschaue.»
In Bezug auf den Inhalt ihrer Bilder erzählt sie: «Um das Neujahr herum 2020 auf 2021habe ich gedacht: Die Zeit in der Provence ist schon so weit weg, war das nicht nur ein Traum?» Sie zeigt mir ein Bild, auf dem ein Hang mit Blumen zu sehen ist «Das ist der Hang mit diesen Häusern aus der Provence und das sind die Traumblumen.» Auf die Frage, in welche Richtung sich ihre Kunstwerke einordnen lassen, antwortet sie: «Z.B. bei den Provence-Bildern gibt es einen realen Hintergrund, die Provence, aber es ist schon durch mich geformt, von der Natur weg in ein Bild hinein geformt.» So verwendet sie viele fantasievolle Elemente und bringt sie zusammen mit realen Gegebenheiten, die abstrakt dargestellt sind. Ausserdem spielen Emotionen eine wichtige Rolle. Sie betont, dass neben Traumblumen «Wege» für sie ein wiederkehrendes Symbol sind. «Das kann auch bedeuten, Wege durchs Leben. Wege in diese Landschaft hinein. Den Weg finden im Leben.»
Wir bedanken uns herzlich bei Elisabeth Stalder für diesen interessanten Einblick und wünschen allen fröhliche Feiertage und einen guten Start ins neue Jahr!
«Ich habe am Morgen, am Nachmittag und nach dem Nachtessen gearbeitet.» Dieser Satz stammt nicht etwa von einem vollzeitbeschäftigten Familienvater, sondern von der 90-jährigen Elisabeth Stalder. Die Mutter des Vanillaplan Mitgründers und IT-Spezialisten Remi Stalder verbringt ihre Zeit am liebsten im Atelier mit ihrer Arbeit: dem Gestalten von Kunstwerken. Anlässlich ihres 90. Geburtstags hat sie in diesem Jahr eine Ausstellung ihrer Werke mit Eindrücken aus der Provence gegeben – und das Motiv eines dieser Arbeiten ziert unsere diesjährige Vanillaplan-Weihnachtskarte. Das haben wir zum Anlass genommen, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen und Elisabeth Stalder zu ihrer Arbeit und der Ausstellung in diesem Jahr zu interviewen.