Zukunftstag

Ein Blick in die Zukunft – Mädchen und Frauen in Bauberufen

Elena Höppner
von Elena Höppner Content MarketingPubliziert am 11.11.2021

Berufswunsch: Informatiker. Berufswunsch: Coiffeur. Soweit keine ungewöhnlichen Zukunftspläne. Wenn ersterer allerdings von einem Mädchen und letzterer von einem Jungen stammt, sind wir möglicherweise doch etwas überrascht. Und auch die Statistik würde unserer spontanen Verwunderung rechtgeben: Der Anteil an Frauen in IT-Berufen liegt in der Schweiz trotz vieler Bemühungen bei nur ca. 15 Prozent. Andersherum sind nur ca. 10 Prozent der Coiffeure männlich.

Einen Tag lang ganz unvoreingenommen in einen Beruf reinschnuppern, der untypisch für das eigene Geschlecht ist – das ist die Idee, mit der diese Geschlechterungleichheit im Berufsleben angegangen werden soll. Aus diesem Grund findet heute der nationale Zukunftstag in der Schweiz statt. Einen Tag lang können Jungs und Mädchen der fünften bis siebten Klassen Eindrücke und Erfahrungen in einem geschlechteruntypischen Beruf sammeln und neue Arbeitsfelder kennenlernen. Auf diese Weise soll schon frühzeitig die Gleichstellung von Männern und Frauen und eine individuelle Berufswahl unabhängig von Geschlechterstereotypen gefördert werden. Während Mädchen so vorwiegend in Berufe der IT-, Bau- und Technikbranche reinschnuppern, schauen sich die Jungs an diesem Tag beispielsweise die Arbeit in Betreuungs- oder Gesundheitsberufen an.

Wir von Vanillaplan wollen den heutigen Zukunftstag als Anlass nehmen, die Arbeit von Frauen im Bauwesen zu thematisieren. Dazu haben wir führende MitarbeiterInnen verschiedener Baubranchen zur Bedeutung von Frauen in diesem Feld interviewt. Ausserdem befragten wir in der Baubranche tätige Frauen zu ihrem Berufsalltag, aber auch zu möglichen Schwierigkeiten und Hindernissen in einem männerdominierten Arbeitsumfeld. Nun möchten wir ein paar Einblicke in diese Interviews geben.

Als Konsens lässt sich festhalten, dass Frauen in den meisten Baubranchen leider nach wie vor eher Ausnahme als Regel sind, jedoch sowohl gebraucht als auch sehr willkommen wären.

So erzählt uns ein Strassenbauer, dass Frauen nur sehr selten bei ihnen anzutreffen sind, was er vor allem unter dem Aspekt sehr schade findet, dass die Frau, die zuvor dort arbeitete, im Schnitt sogar bessere Arbeit als die Männer leistete. Allerdings könne er verstehen, warum sich Frauen zwischen den vielen Männern nicht wohlfühlen. Wie sich diese Situation ändern lässt, weiss er nicht, allerdings würden die Arbeitsbedingungen heutzutage eigentlich auch für Frauen kein Problem mehr darstellen, da vieles technisiert sei und man z.B. nicht mehr so viel heben müsse wie früher.

Ein Maurerpolier gibt hingegen zu bedenken, dass der Beruf des Maurers durchaus anstrengend und für Frauen schwieriger sei. Dennoch sei jede Frau mehr als Willkommen und er würde es begrüssen, mit dem Klischee des Maurers als Männerberuf aufzuräumen. Seiner Einschätzung nach gibt es inzwischen zwar mehr Frauen als früher, aber immer noch zu wenige.

Von einer auszubildenden Gärtnerin erfahren wir, dass an ihrer momentanen Arbeitsstelle zwar nur zwei Frauen schaffen, aber in der Lehre in etwa gleich viele Frauen wie Männer vertreten sind. Auf die Frage nach ihrem Weg zum Beruf des Landschaftsbauers erzählt sie, dass sie auf einem Bauernhof aufgewachsen ist und damit schon eine gewisse Verbindung zum Beruf hatte. Ihr Interesse für dieses Berufsfeld konnte sie später durch einen Ferienjob und Schnuppertage bestätigen. Das Gefühl, dass es eine Hürde für Frauen im Gartenbau gibt, hat sie nicht.

In Bezug auf Frauen im Spenglerberuf erfahren wir von einer auszubildenden Spenglerin, dass sie die einzige Frau in der Spenglerausbildung in ganz Baselland und Baselstadt ist. Als sie vor ihrer Berufswahl stand, sei ihr von allen Seiten empfohlen worden, statt einer Lehre lieber ans Gymnasium zu gehen. Letztendlich entschied sie sich doch für den Spenglerberuf, aber findet es sehr gut nebenher die Berufsmatur zu machen. Aus ihren persönlichen Erfahrungen als Frau im Spenglerberuf erzählt sie uns, dass sie deswegen zwar oft angesprochen wird, aber dies immer in einem positiven Kontext geschieht. Insgesamt sieht sie wenige Hindernisse und Hürden - gerade im Spenglerberuf seien die Arbeitsbedingungen als Frau sehr gut, weil nicht so schwere, sondern eher kreative Arbeit im Vordergrund stehe.

Auf die Frage nach dem Weg zu ihrem Beruf erzählt uns eine Zimmerin, dass sie spontan einmal dort schnuppern ging, da sie nicht aufs Gymnasium gehen wollte. Daraufhin habe sie sich vorstellen können beruflich in diese Richtung zu gehen. In Bezug auf ihre Lehrstellensuche erfahren wir, dass sie verschiedene Betriebe anschaute, es aber auch welche gab, die keine Frauen nahmen oder demgegenüber nicht so aufgeschlossen waren. Mit ihrer letztendlichen Lehrstelle war sie aber sehr zufrieden. Dass sie als Frau im Zimmerhandwerk arbeitet, wurde ihrer Aussage nach schon oft zum Thema. Sie erzählt, dass sie mit einigen Leuten gut arbeiten kann, wohingegen sie mit anderen erst lernen musste umzugehen, ihnen aus dem Weg zu gehen oder sie damit zu konfrontieren. Während es in der Lehre noch schwierig gewesen sei, habe sie nun genug Selbstbewusstsein, damit umzugehen.

Auf der Berufsschau in Liestal Ende Oktober, bei der verschiedenen Unternehmen und Verbände Jugendlichen ihre Berufsfelder vorstellten, interviewten wir zwei Mädchen, die wir am Schreinerstand antrafen, zu ihren Berufswünschen. Während eine der beiden sich schon sicher war, in eine medizinische Richtung gehen zu wollen, interessierte sich die andere für den Beruf des Schreiners. Dieser gefalle ihr, weil sie gerne mit Holz arbeite. Dass der Schreinerberuf für Mädchen und Frauen schwieriger oder ungewöhnlicher sei als für Jungs, fand sie nicht, zumal genauso viele Mädels wie Jungs am Schreinerstand gewesen seien.

Es bleibt somit zu hoffen, dass sich das Image des Bauwesens als typische Männerdomäne bei den jüngeren Genrationen Stück für Stück verändert. Die voranschreitende Technisierung, durch die die Arbeit in der Baubranche weniger körperlich anstrengend wird, eine von Beginn der Lehre an frauenfreundliche Firmenkultur sowie Angebote wie der Zukunftstag, durch welche Mädchen frühzeitig erkennen, dass die Berufswahl unabhängig vom Geschlecht getroffen werden kann, wirken darauf sicher förderlich. Die Bedeutung von Mädchen und Frauen für das Bauwesen wird vor allem im Hinblick auf den von vielen angesprochenen Mangel an jungen Leuten im Bauberuf relevant. Durch eine gezielte Ansprache von jungen Frauen eröffnet sich für Bauunternehmen hier möglicherweise ein Weg, um ihre Lücken im Nachwuchs besser füllen zu können.